Der Trip in die Wüste
Irgendwer hat mir erzählt, dass sie zu den 10 schönsten Straßen der Welt zählen soll. Sie führt auf einen Berg, sie ist nicht in den Alpen, sie hat nur eine Auffahrt, so gesehen ist sie eine Sackgasse, aber trotzdem bringt sie uns weiter.
Die Straße auf den Jebel Jais in den UAE, genauer gesagt im Emirat R’as- al-Chaima, dem östlichsten der Emirate, nicht so bekannt wie Dubai oder Abu Dhabi, nicht so auf der Suche nach dem Gigantismus, nicht so pompös wie die anderen Emirate, nennt dieses kleine Emirat aber das höchste Gebirge in den UAE sein eigen. Die höchste Erhebung in den UAE liegt im nördlichen Ausläufer des Hadschar-Gebirges, der sich darin erhebende Dschabal Yibir ist demnach der höchste Berg der Vereinigten Arabischen Emirate. In der Nähe liegt das, was uns in diese Ecke der Welt zieht. Die Straße zum Jebel Jais. Die Straße übertrifft dabei aber alles andere in den Emiraten.
Die Straße auf den Jebel Jais wurde geplant, um ein exklusives Resort, das Jebel Al Jais Mountain Resort, an die Zivilisation anzubinden. Das Resort wurde bis heute nicht gebaut, die Straße für über 80 Mio.$ ist aber fast schon bis ganz oben fertig, es fehlen jedoch noch einige Höhenmeter, so dass man bei der Auffahrt plötzlich vor einer Schranke steht. Wie hoch wir hier schon sind, lässt sich schlecht schätzen, Google gibt den Punkt mit 1350m üNN an.
Somit haben wir die Möglichkeit auf einer neu gebauten, einwandfrei geteerten, bis zu 3- spurigen Autobahn von Ras al Chaima (0m NN) bis auf diese Höhe zu fahren und dabei eine der ganz besonderen Wüstenlandschaften dieser Welt kennenzulernen. Irgendwann, wenn die Straße mal fertig ist, kann man dahinfahren, wo jetzt noch Bagger und Raupen den Fels bearbeiten, dann wird auch sicher das Resort gebaut werden und auch dieser Teil wird ein besonderes Fahrvergnügen bieten.
Wir verlassen also Ra’s-al-Chaima Richtung Osten, dem in Dunst gut erkennbaren Gebirge entgegen, auf den hier üblichen, gut ausgebauten Straßen mit den zweispurigen, überdimensionierten Kreisverkehren, wobei diese Straßen aber teilweise plötzlich und unvermittelt aufhören, um wenige Meter später wieder weiterzuführen. Man baut an allen Ecken in den Emiraten und man könnte meinen, die Herrschaften haben sich etwas zu viel vorgenommen, aber es wird. Unserem sportlichen Gefährt Tribut zollend gehen wir die Kreisverkehre meist sehr langsam an, denn fast vor jedem Kreisverkehr sind die Geschwindigkeitsbeschränker aufgebaut, die berüchtigten Hubs. Wir hatten am Vortag schon genügend Bekanntschaft mit diesen Teilen gemacht, also Gemach mit den vielen Pferden.
Schnell verlassen wir die Stadt mit den knapp 300T Einwohnern und fahren in ein typisches Wadi; die Bebauung wird spärlicher, zu sehen bekommen wir meist nur die hier lebenden Ziegen, die überall, auch auf der Straße, herumlaufen. Einzelne Behausungen im typischen Stil stehen teilweise nahe der Straße, aber auch in kleinen Ansammlungen am Rande des Tales, also etwa weiter weg. Die Straße erinnert noch nicht an die uns erwartende Autobahn, der Zustand der Straße ist jedoch akzeptabel, verlangt uns aber auch einige Ausweichmanöver ab, um nicht direkt mit den Felgen durchzuschlagen. Wir durchfahren einige ausgetrockneten Flussbette und passieren einen leeren, ebenso ausgetrockneten staubigen See. Hier gibt es viel Wasser, wenn es mal Wasser gibt: Sollte es regnen, kommt das Wasser wie überall in der Wüste schnell um die Kurve, schneller als wir, denn die Straße ist offiziell auf 60 bzw. 80 km/h beschränkt, was soll’s. Die Engstellen der Wadi’s sind meist mit Staumauern versehen, die Bedrohung einer Flut ist allgegenwärtig.
Die Straße wird besser und breiter, wir kommen an einen riesigen Kreisverkehr. Gerade geht es in den Oman, auf 9:00 Uhr zum Jebel Jais, entnehmen wir dem großen Verkehrsschild. Zügig dem Wegweiser folgend durchfahren wir ein ödes Teil Wüste, nicht ohne Reiz, bevor die Berge näher heranrücken und die Straße ihren Autobahncharakter erhält, dann beginnt die Strecke langsam an Höhe zu gewinnen. Hier in etwa muss der Startpunkt des Jaguar F-Type Werbefilmes gewesen sein. Wir ziehen die Kurven durch und übersehen die 30 km/h Schilder irgendwie. Große ausgebaute Kurven lassen uns rasch nach oben kommen, überall Parkplätze mit Toiletten. Die haben wir im Werbefilm nicht gesehen, geschickt geschnitten der Film. Die Straße wurde teilweise direkt aus dem Fels gehauen, was im Weg war wurde abgetragen, dadurch fehlen enge Kehren und harte Serpentinen, aber die weit auslaufenden Kurven machen bei dem herrlichen Wetter wahnsinnigen Spaß. Jetzt, im Januar, bei 25°C und staubtrockener Luft treiben wir den SLC die sandige Straße hinauf, verfolgt von einem F-Type, nein, das ist Träumerei. Das beindruckende, öde Panorama der staubigen Berghänge aber nicht, das ist Realität und fasziniert das Auge, das bei mir zugegeben immer noch nach den bei Passstraßen satte Grüntöne sucht.
Ab und an kommen uns die typischen Fahrzeuge der Emiraties entgegen, die üblichen großmotorigen SUV der Marke Toyota, oder Hyundai, mal ein Lexus, auch mal ein Mercedes, aber das zum Glück nur selten, aber auch diese Lenker scheinen des Lesens von Verkehrsschildern nicht unbedingt mächtig zu sein, so geht es doch recht flott nach oben. Über viele Kehren und sehr schön lange Geraden dazwischen erklimmen wir den kahlen Felsen, viel zu schnell erreichen wir den Kamm. Den Funkmasten, den wir schon von unten wahrgenommen haben, kann man anscheinend über eine Straße erreichen, aber das später. Zu allererst wollen wir soweit hinauf, wie es nur geht, notfalls werden wir den Roadster auch über Schotter jagen, so wie wir das in Italien auf den alten Militärstraßen am Gardasee auch machen. Aber wie schon eingangs erwähnt, stehen wir plötzlich vor einer Schranke. Der sich im schneckenhaften Tempo den Berg hinaufgequälte Wasserlaster zieht zum wiederholten Male an uns vorbei, und mit neidischer Miene von uns verfolgt passiert er die Schranke und darf weiter den Berg hinauf in die Baustelle einfahren. Wir bleiben enttäuscht an der Schranke zurück und fahren leicht deprimiert auf den angrenzenden Parkplatz; wir wollen uns erstmal der Aussicht widmen, ein paar Bilder schießen und die Akkus der Kameras wechseln, denn wir werden nochmal ein Stück runterfahren, nur um nochmal raufzufahren.
Bei der Abfahrt kommen wir wieder über den Kamm und wollen nun doch noch einen Blick auf die andere Seite des Berges riskieren, von hier oben muss man das Meer sehen können, und die Auffahrt zum Funkmasten. Langsam entlassen wir unseren Roadster von der Straße ins unwegsame Gelände, immer ein Blick auf die Auswaschungen und die herumliegenden größeren Steine und kommen… an ein Tor, nichts wird es mit der Auffahrt zum Funkmasten. Militärgebiet. Schade.
Trotzdem, der Blick ist fantastisch. Wir überblicken ein komplettes Wadi und können weiter hinten sehr gut das Meer erkennen, zur anderen Seite sehen wir bis in den Oman und blicken dabei auf staubtrockene Berge und Täler mit ganz besonderem Reiz, das Grün fehlt eigentlich doch nicht, hier ist es was ganz anderes.
Ein paar Schnappschüsse später rollen wir wieder vorsichtig auf die Straße zurück, nicht ohne das Kopfschütteln der hier oben picknickenden Emiratis zu registrieren, die in Ihren riesigen, vollklimatisierten SUVs hier heraufgeklettert sind, um hier mit Kind und Kegel etwas zu trinken und zu essen.
Wie geplant fahren wir die ersten Kurven nochmal hinunter und drehen nach ca. 10 Kurven nochmals um, und fahren die Strecke nochmal bis zum Kamm. Nun wissen wir ja, dass keine Polizisten auf der Strecke stehen und keine Radarfalle, der großvolumige Motor brüllt seinen bullernden Sound den kahlen Felswänden entgegen ………………
Wie schon erwähnt, es ist eine Sackgasse, so müssen wir den ganzen Weg nach Ra’s-al-Chaima auf der Straße zurück, auf der wir gekommen sind. Die Ziegen sind noch da, allerdings ein Stück weiter die Hänge hinaufgezogen, auf der Suche nach dem spärlichen Grün.
Die andere Perspektive erlaubt uns andere Einblicke in die Täler und die Behausungen, und eine andere Sicht auf die aber immer noch staubtrockene Ebene. Die Sonne im Gesicht bemerken wir, dass wir gut in der Zeit liegen. Was sollen wir so früh schon im Hotel? Ja, toller Strand, aber irgendwie kaltes Wasser; tolle Bar und Getränke, wenn auch kein Alkohol für den Cocktail, aber ein SPA, das sich sehen lassen kann, ein Innenpool, ein Außenpool, viele Sportgeräte; aber wir haben ein Auto, auch ein Sportgerät, noch dazu ein Offenes, die Sonne scheint (ich muss lächeln, wenn ich an die Kälte in Bayern denke, die haben heute MINUS 14°C 🙂 laut Wetterbericht), der Himmel ist blau. Ich liebe es, die warme Sonne im Gesicht und auf den Handrücken zu spüren, außerdem gibt es hier so viele super ausgebaute Kilometer Straße zu befahren.
Nun, da wir schon Mal in diesem Teil der Welt sind, noch ein paar Stunden vom Tag übrig haben, beschließen wir noch an den Golf von Oman zu fahren, also Blinker in Ra’s-al-Chaima links und los, die staubige Straße entlang in Richtung Sonne und Meer………………….
Und wenn ihnen das Benzin nicht ausgegangen ist, fahren sie noch heute. Ach ja, zum Thema Benzin, einmal Volltanken des Roadsters ist für umgerechnet 20 € wirklich erschwinglich.
So reift ein Gedanke in mir, aber hierzu später.
Nochmal zum Thema der 10 schönsten Traumstraßen der Welt: Die Straße ist beeindruckend, die Gegend faszinierend, der Zustand der Straße hervorragend, die Routenführung atemberaubend, die Straße war zu unserer Zeit fast menschenleer, der Teer tiefschwarz. Aber eine der 10 schönsten Straßen der Welt – na gut, aber ich kenne bestimmt 8 schönere, und die gleich bei mir um die Ecke in den Alpen.
Text, Video und Bilder von Jens Wenderlein – vielen Dank dafür!
Nachtrag vom Autor: Hat es sich gelohnt hierher zu fahren? Keine Frage – Ja, den Cabriofahren lohnt sich immer und überall auf der Welt.