Offene Träume im Herbst

Ein schönes Stück Text! Von einem begeisterten Offenfahrer zur Verfügung gestellt!

Offene Träume im Herbst

Kalt ist der herbstliche Morgen,
heiß der duftende Kaffee im Becher.
Tau hat sich auf dem Verdeck gesammelt,
die Wasserperlen glitzern in der später aufgehenden Sonne,
der frische Tag vertreibt die müde gewordene Nacht,
Nebel verschwindet in den Wäldern, während die langen Schatten des frühen Tages kürzer werden.

Müde und träge startet der kalte Motor in den frostigen Morgen,
bernsteinfarbene Blätter flüchten knisternd vor meinen Reifen und versuchen hinter mir herzufliegen,
die Sonne kommt über die Baumwipfel gekrochen und trocknet schnell die noch feuchte Straße.Das Getriebe wird langsam warm und lässt sich flüssiger schalten,
der Tag und das Triebwerk kommen in Schwung, das Verdeck gleitet nach hinten.
Ich suche nach der Sonnenbrille, denn die tiefstehende Sonne blendet mich,
in der Ferne stechen die Alpen gegen den herbstlich blauen Himmel ab.

Die Gipfel leuchten kalt und weiß, es grüßt der erste frische Schnee.
Der jetzt warme Motor treibt das Gefährt Richtung Süden dem Spaß entgegen,
der einsetzende Föhn bringt mediterrane Grüße aus Italien über die Alpen.
Die Straße wird kurviger, windet sich durch frisch gemähte Wiesen,
mäandert durch enger werdende Täler,
das zum Trocknen liegengelassene Heu verbreitet seinen betörenden Duft im Auto,
der Fahrtwind fährt mir durch die Haare, streichelt meine Wangen, versucht meine Jacke zu durchdringen.
Brausend geht es bergauf, es wird wieder kühler.
Tief unten im Tal sieht man die Mähdrescher Schneisen in den Mais treiben,
Felder sind teilweise schon gepflügt, erdbraun zeigt sich der Acker dem Himmel,
auf manchen Weiden stehen noch Kühe und zupfen das spärlicher werdende Gras.
Der erste Pass liegt vor mir, ich ziehe den Kragen höher, die Kälte greift erneut nach mir.
ich bin fast alleine, keine Touristen mehr auf der Passhöhe, ein geschlossenes Restaurant fliegt vorbei,
leere Parkplätze und Bänke stehen feucht und einsam an den Aussichtspunkten.

In der Ferne keimen schneeschwangere Wolken des nahen Winters am Horizont,
Schneefetzen in den schattigen Ecken und an den Nordhängen,
es riecht nach frisch gefallenem Schnee,

gleißend ergießt die flachstehende Sonne Ihre Strahlen in einen eiskalten Bergsee,
funkelnd wie ein Diamant brechen die Wellen das Licht.
Einsam schwinge ich meine Kurven, nur das blubbern des Motors durchdringt die frische, klare Bergluft,
ich fühle mich wie der letzte Mensch auf Erden.Das Thermometer zeigt, dass wir uns nahe dem Gefrierpunkt bewegen;
in allzu flott gefahrenen Passagen verlieren die Reifen schonmal die Haftung.
Ich tauche wieder in ein wärmeres Tal hinab, Zivilisationslärm umfängt mich.


Ich suche einen Ausweg und flüchte auf den nächsten Pass, immer und immer wieder,
bis sich die Sonne wieder dem Horizont zuneigt, die Schatten wieder länger werden.
Die Kühle kriecht wieder aus Ihrem Tagesversteck, der Föhn bricht zusammen,
ich fahre bis die Sonne untergeht und die Täler in leuchtendes Gold taucht.
Der Tag verliert den Kampf gegen die neblige Kälte, die sich jetzt wieder aus den Wäldern traut,
ich suche Wärme und Geborgenheit vor der ausziehenden Kälte der dunklen Nacht.
Leise, fast verschämt schließt sich das Verdeck, ich blicke dankbar zu meinem Gefährt zurück,
drücke die Klinke und betrete die gastliche Stube,
die schwere Tür fällt ins Schloss und blockiert die Kälte, die draußen um die Häuser zieht.

Der Tag, der mit einem frostigen Morgen und einem heißen Kaffee begonnen hat,
endet jetzt mit einem kräftigen und heißen Essen.

Im Blutrot meines Getränkes im Glas festigen sich die Eindrücke eines wunderbaren Tages,
die Gefühle und Gerüche, die mein offenes Auto mir eingefangen hat, manifestieren sich im Gedächtnis;
das wärmende, prasselnde Feuer im Kamin begleitet mich bei meiner Planung für die morgige Strecke,
Vorfreude breitet sich aus. Zufrieden und irgendwie glücklich lasse ich den Tag noch einmal Revue passieren,
gehe die Strecke und die sich mir gebotenen Eindrücke immer und immer wieder durch,
bis ich die wärmende Decke über die Nase ziehe und mich ins duftende Kissen vergrabe.
Total entspannt gleite ich gespannt auf den kommenden Tag in einen tiefen und erholsamen Schlaf.
Träume vermischen sich mit Realität.

580km durch die Alpen, Offenfahrerherz, was willst Du mehr?

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